Zurück OLG Braunschweig begrenzt Schadensersatz bei unberechtigter Verwendung von Lichtbildern beim privaten eBay-Verkauf - Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11
Die amtlichen Leitsätze lauten:
- Wird ein Produktfoto (hier von einem Monitor), für das kein urheberrechtlicher Motivschutz sondern nur ein Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG besteht, bei einem privaten eBay-Verkauf ohne Einverständnis des Fotografen verwendet, ist für die Schätzung der Schadenshöhe im Wege der Lizenzanalogie vorrangig auf eine repräsentative Vertragspraxis des Fotografen bei der Vermarktung seiner Fotos abzustellen.
- Lässt sich eine repräsentative Verwertungspraxis des Fotografen zur Überlassung von Produktfotos zum Zwecke eines privaten eBay-Verkaufs nicht feststellen, kann zur Bemessung der angemessenen Lizenzhöhe nicht auf die MFM-Honorarempfehlungen zurückgegriffen werden, weil diese eine solche Art der Fotonutzung nicht abbilden.
- Sind keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife zur Überlassung von Produktfotos zum Zwecke eines privaten eBay-Verkaufs ersichtlich, ist zu klären, auf welchem legalen Markt Nutzungsrechte an solchen Fotos erhältlich sind und unter Berücksichtigung des dortigen Preisgefüges bezogen auf den konkreten Einzelfall bei Beachtung der Marktgegebenheiten gemäß § 287 ZPO zu schätzen, was vernünftige Vertragspartner in einem solchen Fall als Lizenz vereinbart hätten.
- Bei einem privaten eBay-Verkauf begrenzt der zu erzielende Verkaufspreis für die jeweilige Sache die angemessene Lizenzhöhe, wobei die Parteien bei der Bildung der Lizenzhöhe vernünftigerweise berücksichtigen, dass ein Privatverkäufer den Restwert der zu verkaufenden Sache für sich realisieren will, über keine Verkaufsgewinnspanne zur Finanzierung von Absatzkosten verfügt und nicht auf professionelle Fotos für den Verkauf eines Einzelstücks zwingend angewiesen ist, weshalb realistischerweise nur moderate Lizenzbeträge vereinbart werden.
- Eine unterbliebene Urhebernennung führt bei der ungenehmigten Fotonutzung für einen privaten eBay-Verkauf nicht zu einem prozentualen Aufschlag, weil eine entsprechende Vergütungspraxis gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG nicht besteht und ein solcher Aufschlag auch nicht gemäß § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG bei einer derart geringfügigen Verletzung, die ein einmaliger privater eBay-Verkauf darstellt, der Billigkeit entspräche.
- Sofern der Fotograf selbst in der Lage ist, den urheberrechtlichen Verstoß einer ungenehmigten Fotonutzung zu erkennen, eine vorgerichtliche Abmahnung des Verletzers vorzunehmen und letzteres in zurückliegender Zeit in anderen gleichgelagerten Fällen auch schon getan hat, sind die Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchführung des vorgerichtlichen Abmahnverfahrens nicht notwendig und damit nicht erstattungsfähig i.S. des § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG. Die Kenntnis hierzu kann der Fotograf auch dadurch erlangen, dass er zuvor in gleichgelagerten anderen Verfahren anwaltliche Hilfe zur Durchführung der Abmahnung in Anspruch genommen hatte und sich ihm aufgrund der Gleichartigkeit der Verletzungen und der dagegen gerichteten außergerichtlichen Vorgehensweise ohne Weiteres erschließt, wie er zukünftig selbst Verletzungen erkennen und Abmahnungen durchführen kann.
Dieser Entscheidung liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem eine urheberrechtliche Abmahnung wegen einer unberechtigten Lichtbildnutzung im Rahmen einer privaten eBay-Auktion erging.
Schadensersatz - MFM-Tabelle zur Bemessung der fiktiven Lizenzgebühr nicht anwendbar
Der Rechteinhaber forderte eine fiktive Lizenzgebühr als Schadensersatz nach der "MFM-Tabelle" (Bildhonorarempfehlung der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing) und eine Verdoppelung wegen fehlender Urhebernennung als "Verletzerzuschlag". Beides ist nach der herrschenden Rechtsprechung als (leider) bisher üblich anzusehen. Dies führte sonst regelmäßig zu mindestens 300,- € Schadensersatz, selbst wenn es sich - wie hier - um private Auktionen im niedrigen Euro-Bereich handelt. Und in der Regel um Fotografien, die lediglich den niedrigen Lichtbildschutz nach § 72 UrhG erreichen. Das OLG Braunschweig hat hierzu Beweis erhoben und die fehlende Anwendbarkeit der MFM-Tabelle ausführlich und nachvollziehbar begründet.
Kein Verletzerzuschlag
Auch hat das OLG Braunschweig festgehalten, dass kein Verletzerzuschlag gefordert werden könne. Dieser sei gesetzlich weder vorgesehen, noch sei eine Sonderkonstellation gegeben, um diesen hier zu begründen.
Abmahngebühren gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG auf 100,- € beschränkt
Der Rechteinhaber machte hierneben Abmahngebühren auf einen Gegenstandswert von über 10.000 € für vier Fotografien geltend. Auch dies muss als sonst übliche Größenordnung bezeichnet werden. Das OLG Braunschweig hielt jedoch nun die Begrenzung bei Abmahnungen in einfach gelagerten Fällen auf 100,- € für einschlägig.
FAZIT:
Die Entscheidung ist zu begrüßen, um ausufernden urheberrechtlichen Abmahnungen im privaten Bereich einen Riegel vorzuschieben. Zwar ist diese Entscheidung konkret für eBay-Bildernutzung ergangen, die ausführlich begründete Entscheidung lässt sich allerdings teilweise auch auf andere Konstellationen übertragen. Das Urteil stellt eine konsequente Fortenwicklung zu der jüngsten Entscheidung des OLG Braunschweig vom 14.10.2011, Az. 2 W 92/11, dar, mit welcher bereits ein geringer Streitwert für entsprechende Unterlassungsansprüche von 300,- € angesetzt wurde. Zu hoffen bleibt, dass andere Zivilgerichte nachziehen und der Gesetzgeber möglichst auch den fliegenden Gerichtssstand nach § 32 ZPO bei solchen urheberrechtlichen Auseinandersetzungen einschränkt. Allerdings müssten dann Sonderzuständigkeiten von Spezialkammern der Landgerichte, auch bei Nichterreichen der 5.001,- €-Grenze, eingerichtet werden, um nicht die Amtsgerichte zu überlasten.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.
- Wird ein Produktfoto (hier von einem Monitor), für das kein urheberrechtlicher Motivschutz sondern nur ein Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG besteht, bei einem privaten eBay-Verkauf ohne Einverständnis des Fotografen verwendet, ist für die Schätzung der Schadenshöhe im Wege der Lizenzanalogie vorrangig auf eine repräsentative Vertragspraxis des Fotografen bei der Vermarktung seiner Fotos abzustellen.