Zurück Wende in der Rechtsprechung zur Abmahnung wegen Filesharing?

Das jüngste Urteil des OLG Köln zum Thema "Abmahnung" lässt hoffen, dass die Rechtsprechung den rechtlichen Rahmen für Abmahnungen wieder gerade gerückt hat.

 

 

 

 

OLG Köln, Beschluss v. 24.03.2011, Az. 6 W 42/11 – Störerhaftung – ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adresse – Aufklärungs- und Belehrungspflichten eines Anschlussinhabers – Deckelung der Abmahngebühr

Die Rechteinhaber eines Computerspiels nahmen die Beschwerdeführerin wegen der Verletzung ihrer Verwertungsrechte auf Unterlassung, Schadensersatz und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch. Die Beschwerdeführerin wehrte sich hiergegen mit der Behauptung, sie habe das Computerspiel nicht im Internet angeboten. Ihr Ehemann habe ebenfalls Zugang zu dem Internetanschluss gehabt. Zudem hat sie bestritten, dass die Ermittlung der IP-Adresse ordnungsgemäß erfolgt sei. Das Landgericht Köln hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, die Rechtsverteidigung der Beklagten habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, abgelehnt.

In dem auf die hiergegen gerichtete Beschwerde ergangenen Beschluss nimmt das Oberlandesgericht Köln zu diversen Fragen Stellung.

 

  1. Inanspruchnahme des Abgemahnten als Störer oder Täter

    Das OLG Köln stellt, wie bereits der BGH (BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az. I ZR 121/08 - Sommer unseres Lebens) zuvor, fest, dass der Antrag, ein Werk im Internet der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die konkrete Verletzungsform verfehle, wenn die in Anspruch genommene Person als Störer hafte. Der Antrag der Rechteinhaber habe sich demzufolge darauf zu beschränken, es zu unterlassen, außenstehenden Dritten Rechtsverletzungen der genannten Art in der die Störerhaftung begründenden Weise zu ermöglichen.
  1. Keine Haftung des Anschlussinhabers aufgrund tatsächlicher Vermutung bei ernsthafter Möglichkeit eines von der Lebenserfahrung abweichenden Geschehensablaufs

    Der Antrag der Rechteinhaberin auf Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin als Täterin sei unschlüssig, da sie für die Behauptung, die Beschwerdeführerin habe die Urheberrechtsverletzung selbst begangen, keinen Beweis angeboten habe. Diesbezüglich reiche der unstreitige Vortrag der Beschwerdeführerin aus, ihr Ehemann habe ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Aufgrund der dadurch bestehenden ernsthaften Möglichkeit eines von der Lebenserfahrung abweichenden Geschehensablaufs, werde die tatsächliche Vermutung, wonach der Inhaber eines Internetanschlusses für eine von diesem Anschluss aus begangene Rechtsverletzung verantwortlich sei, entkräftet.
  1. Das Bestreiten mit Nichtwissen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adresse ist zulässig

    Nach Auffassung des OLG Köln sei das Bestreiten der ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adresse nicht unbeachtlich. Das pauschale Bestreiten wurde von diversen Gerichten als unsubstantiiert angesehen, ohne hierbei auf die Problematik einzugehen, dass die in Anspruch genommene Person keine realistische Möglichkeit der Überprüfung des Ermittlungsvorgangs, trotz der mannigfaltigen Fehlerquellen, besitzt. Das OLG Köln führt hierzu aus, ein Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO sei zulässig, so dass es eines weiteren Vortrags konkreter Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Ermittlung nicht bedürfe. Insoweit sei auch die Nichtbeanstandung des Ermittlungsergebnisses durch ein anderes Gericht hinsichtlich der gleichen Software sowie die im Rahmen des Anordnungsverfahrens gemäß § 101 Abs. 9 UrhG getroffenen Feststellungen nicht bindend, zumal diese in der Regel allein auf den Angaben des Rechteinhabers beruhen, und der angebliche Verletzer hierzu keine Stellung beziehen kann.
  1. Eingeschränkte Aufklärungs- und Belehrungspflichten gegenüber dem eigenen Ehegatten

    Den Inhaber eines Internetanschlusses können Aufklärungs- und Belehrungspflichten treffen. Das OLG Köln wirft die Frage auf, ob diese Pflicht auch gegenüber dem eigenen Ehegatten besteht, da Ehegatten den bestehenden Anschluss auch dann als gemeinsam begreifen würden, wenn nur ein Ehepartner Vertragspartner des Access-Providers sei. Ob sich die Annahme einer gegenseitigen Kontrollpflicht mit der Einordnung des Abschlusses eines Telefondienstvertrags, wobei die diesbezüglichen Erwägungen auch in diesem Rahmen entsprechend gelten, als Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs im Sinne des § 1357 BGB vereinbaren lasse, sei zweifelhaft und könne nicht im Prozesskostenverfahren abschließend geklärt werden.
  1. Deckelung der Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 2 UrhG bei Software nicht grundsätzlich ausgeschlossen

    Schließlich stellt das OLG Köln fest, dass bisher nicht höchstrichterlich geklärt sei, ob der Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten in derartigen Fällen gemäß § 97a Abs. 2 UrhG auf 100 € begrenzt ist. Diese Feststellung suggeriert zumindest, dass das OLG Köln eine Deckelung der Abmahngebühren in Bezug auf Spiele Software nicht für ausgeschlossen hält.

FAZIT:

Die Entscheidung ist aus unserer Sicht begrüßenswert, da nun endlich auch bei der Abmahnung wegen Filesharings juristische Grundsätze - insbesondere bei Fragen der Darlegungs- und Beweislast - wieder Geltung erlangt haben; es gibt jedenfalls keinen Haftungsautomatismus nach erfolgter IP-Adressermittlung.

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